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Auferstanden aus Ruinen
Text: Johannes R. Becher, Musik: Joseph Haydn

Auferstanden aus Ruinen
und der Zukunft zugewandt,
lasst uns Dir zum Guten dienen,
Deutschland, einig Vaterland!
Volkes Not wolln wir bezwingen,
wir bezwingen sie vereint!
Denn es muss uns doch gelingen,
dass die Sonne schön wie nie
über Deutschland scheint,
über Deutschland scheint!

Glück und Friede sei beschieden
Deutschland, unserm Vaterland!
Alle Welt sehnt sich nach Frieden,
reicht den Völkern eure Hand!
Wenn wir brüderlich uns einen,
schlagen wir des Volkes Feind!
Lasst das Licht des Friedens scheinen,
dass nie eine Mutter mehr
ihren Sohn beweint,
ihren Sohn beweint!

Lasst uns planen, lasst uns bauen,
lernt und schafft wie nie zuvor,
und der eignen Kraft vertrauend
steigt ganz Deutschland frei empor!
Deutsche Jugend, bestes Streben
unsres Volks in dir vereint,
wirst du Deutschlands neues Leben,
dass die Sonne schön wie nie
über Deutschland scheint,
über Deutschland scheint!

(Die vier angepassten Stellen sind weiter unten erläutert)

English Translation

From the ruins risen newly,
to the future turned, we stand.
Let us serve your good weal truly,
Germ´ny, conjoint fatherland.
Triumph over people´s sorrow,
may in unity be won.
For we shall attain a morrow,
when all over Germany
will be shining sun,
will be shining sun.

May both peace and joy inspire,
Germ´ny, our fatherland.
Peace is all the world’s desire,
to the nations lend your hand.
In fraternity united,
we shall crush the people’s foe.
Let all paths by peace be lighted,
that no mother shall again
mourn her son in woe,
mourn her sun in woe.

Let us plan and build our nation,
learn and work as never yet,
trusting each new generation,
our future will be set.
German youth, by you the striving
of our people will be run,
you are Germany’s reviving,
and all over Germany
will be shining sun,
will be shining sun.

Die Becher-Hymne auf die Melodie von Hanns Eisler hat ihre große Ausdruckskraft bis heute bewahrt. Und es ist eine gleich dreifache Tragik, dass sie erstens – ungewollt – für eine linke Diktatur geschaffen wurde, dass sie zweitens von eben dieser linken Diktatur in den letzten 20 Jahren ihrer Verwendung ihres großartigen Textes beraubt wurde und dass sie schließlich drittens beim Rennen um die Nationalhymne für das wiedervereinte Deutschland trotz unzweifelhafter Ebenbürtigkeit gegen das Deutschlandlied verloren hat.

Auch deswegen ist es tröstlich, dass beide Texte zur jeweils anderen Melodie gesungen werden können, wenn jeweils in der Schlusszeile kleine Anpassungen vorgenommen werden. Beim Deutschlandlied zur Eisler-Melodie müssen hierfür nur die beiden Schlusswörter „deutsches Vaterland“ zweimal wiederholt werden. Bei der Becher-Hymne zur Haydn-Melodie muss bei den vier Schlusstakten der Becher-Text um folgende Zeile ergänzt werden:

„schön wie nie über Deutschland scheint!“ in der ersten und dritten Strophe,
„nie eine Mutter mehr den Sohn beweint!“ in der zweiten Strophe.

Jedenfalls gibt es 30 Jahre nach der Wiedervereinigung viele Gründe, die Becher-Hymne als „zweite deutsche Nationalhymne“ und als gesamtdeutsche Hymne wieder stärker ins Bewusstsein zu bringen. Dabei sticht die unvergleichliche Harmonie hervor, welche sich aus dem Zusammenwirken von friedlich-patriotischem Text und genialer Melodie ergibt. In einer Zeit, in der insbesondere die politische Linke vergessen zu haben scheint, dass Patriotismus eine wesentliche Voraussetzung sowohl für Völkerfreundschaft als auch für Integrationsfähigkeit ist, kommt diesem Becher-Eisler´schen Vermächtnis eine ganz besondere Bedeutung zu.

Um die gesamtdeutsche Akzeptanz zu erhöhen, sollten einige wenige Passagen angepasst werden, die der spezifischen Nachkriegssituation und dem Mythos des „Arbeiter- und Bauernstaats“ Rechnung getragen hatten, über die der heutige Sänger und Zuhörer aber stolpert:

– In der 1. Strophe „Volkes Not wolln wir bezwingen“ statt „Alte Not gilt es zu zwingen“.
– In der 3. Strophe „planen“ statt „pflügen“.
– Dann: „ganz Deutschland frei“ statt „ein frei´ Geschlecht“.
– Und schließlich das finale „dass“ anstelle des „Und“.