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Das Lied der Deutschen (Deutschlandlied)

Modernisierte Fassung (1841/2018)

Deutschland lieb ich* über alles,
über alles in der Welt,
wenn es stets für Recht und Freiheit
brüderlich zusammenhält.
Von der Mosel bis zur Oder
und vom Lech zum Fehmarnbelt
Deutschland lieb ich* über alles,
über alles in der Welt!

Deutsche Dichter, deutsche Denker,
deutsche Kunst und deutscher Sang
sollen in der Welt behalten
ihren alten schönen Klang,
uns zu edler Tat begeistern
unser ganzes Leben lang –
Deutsche Dichter, deutsche Denker,
deutsche Kunst und deutscher Sang!

Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben,
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand –
Blüh im Glanze dieses Glückes,
blühe deutsches Vaterland!

*Anstelle von „lieb ich“ kann „Deutschland“ gesungen werden:
„Deutschland, Deutschland über alles,…“

Hoffmann von Fallersleben: ein liberaler Patriot

Am 26. August 1841 hat der Germanistikprofessor und bekannte Lieddichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben im Rahmen eines Besuchs der damals zum Vereinigten Königreich gehörenden Insel Helgoland das „Lied der Deutschen“ zu Papier gebracht. Es ist auch fast 180 Jahre später noch immer das mit Abstand schönste patriotische Lied der Deutschen. Dies gilt nicht nur für den Text, sondern auch und insbesondere für die von Hoffmann unterlegte herausragende Melodie, die Joseph Haydn im Jahre 1797 für den Habsburger Franz II., den letzten römisch-deutschen Kaiser, als „Kaiserhymne“ komponiert hatte. Die von Hoffmann damit gezielt hergestellte Verbindung des Deutschlandlieds zum 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reich (Deutscher Nation) unterstreicht den Anspruch dieses Lieds, Wegbereiter eines geeinten Deutschlands zu sein.

Seit bald 75 Jahren jedoch, seit dem Ende des 2. Weltkriegs, führt dieses geniale Lied ein unwürdiges Dasein. Heute ist es an der Zeit, das Unrecht wiedergutzumachen, das damit am Autor begangen wurde – einem Autor, der sich neben seinem Eintreten für ein geeintes deutsches Vaterland insbesondere in seinen „Unpolitischen Liedern“ für die bürgerlichen Freiheiten und gegen Kleinstaaterei, Pressezensur, Fürstenwillkür und die Allmacht von Polizei und Militär einsetzte. Die reaktionäre preußische Regierung enthob ihn wegen seiner „politisch anstößigen Grundsätze und Tendenzen“ bereits im Jahr nach dem Verfassen des Deutschlandlieds pensionslos seiner Professur, entzog ihm später auch die Staatsbürgerschaft und verwies ihn des Landes.

Rehabilitierung des Deutschlandlieds

Wie dringend eine Rehabilitierung seines wirkmächtigsten Werkes ist, zeigen über youtube verbreitete traurige Exzesse des modernen „Deutschlandlied-Bashings“. Geradezu hysterisch reagierten deutsche Tennisspielerinnen im Februar 2017, als anlässlich der Eröffnung der Fed-Cup-Begegnung mit den USA auf Hawaii ein amerikanischer Lehrer die erste Strophe des Deutschlandlieds anstimmte: Mit verzerrten Gesichtern brüllten sie mit dem Text der dritten Strophe gegen die gesangliche Darbietung der ersten Strophe an und quittierten deren Ende mit Buhrufen. Anschließend verstieg sich die deutsche Spielerin Andrea P. nach Zeitungsberichten zu der Behauptung, dies sei „das mit Abstand Schlimmste, was mir jemals passiert ist in meinem Leben.“ Und die deutsche Teamchefin Barbara R. habe ergänzt: „Das ist echt ein Skandal und unentschuldbar, eine respektlose Nummer. Ich hätte heulen können. Was passiert ist, trifft einen tief.“

Die absurde Aversion gegen den Hoffmann´schen Text nimmt offenbar bei manchen Deutschen immer mehr hysterische Züge an, was von Menschen anderer Nationalität nicht nur nicht mehr nachvollzogen werden kann, sondern diese – wie im Fall des Fed-Cup-Zwischenfalls – inzwischen regelrecht beleidigt. Während die dritte Strophe übereinstimmend inhaltlich gefeiert wird, behandeln weite Kreise des rot-grünen Mainstreams die erste Strophe so, als gehöre sie zu einem völlig anderen Lied, dessen Autor eigentlich nur ein Nazi sein könne. Wer diese inhaltlich und historisch unhaltbare Zuspitzung aus dem Ausland heraus nicht nachvollziehen kann, dem wird selbst bei erkennbar gutgemeinter und würdevoller Rezitation der ersten Strophe ein „unentschuldbarer Skandal“ vorgeworfen.

Von den genannten Kreisen wurde auch über lange Zeit das Gerücht verbreitet, die erste Strophe des Deutschlandliedes falle unter das Verbot der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a StGB. Tatsächlich gab es nach 1945 zu keinem Zeitpunkt ein gegen diese erste Strophe gerichtetes Verbot. Lediglich in der amerikanischen Zone war vor 1949 kurzzeitig das öffentliche Singen des gesamten Deutschlandliedes, also auch der dritten Strophe, untersagt.

Derartige Verwirrung entsteht auch dadurch, dass Deutschland im Gegensatz zu anderen Staaten wie Frankreich oder Polen die Nationalhymne nicht in der Verfassung verankert oder auf andere Weise gesetzlich geregelt hat. Dass die dritte Strophe des Deutschlandliedes auf die Melodie von Joseph Haydn die Nationalhymne für die Bundesrepublik Deutschland sein soll, ist lediglich durch den darauf bezogenen, am 19.11.1991 im Bundesgesetzblatt bekannt gemachten Briefwechsel zwischen Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl festgelegt. Bis dahin galt die auf einem vergleichbaren Schriftwechsel zwischen Präsident Theodor Heuss und Kanzler Konrad Adenauer basierende Regelung aus dem Jahr 1952, dass alle drei Strophen des Deutschlandlieds die Nationalhymne bilden, dass bei staatlichen Anlässen aber nur die dritte Strophe gesungen wird.

Der Deutschland-Ausruf

„Deutschland, Deutschland, über alles, über alles in der Welt“ war und ist kein nationalistischer oder gar nationalsozialistischer, sondern ein ausschließlich patriotischer Ausruf. Denn es heißt eben gerade nicht „über allen“ oder auch nur „über allem“, was einen Dominanzaspekt beinhalten könnte. So wie ein Verliebter ausruft: „Ich liebe dich über alles auf der Welt“, ist der Hoffmann´sche Ausruf vielmehr die vielleicht schönste sprachliche Ausdrucksform der patriotischen Zuneigung zum deutschen Vaterland.

Und der liberale Patriot Hoffmann hatte natürlich Recht: denn eine schönere Vision als ein in „brüderlichem Zusammenhalt“ geeintes Deutschland mit dem dann in der dritten Strophe formulierten Ziel des freiheitlichen Rechtsstaats konnte man sich in einer Zeit reaktionärer klein- und großstaatlicher Regime auf deutschem Boden kaum vorstellen.

Diesem Verständnis des Deutschland-Ausrufs steht im Hoffmann´schen Text auch die „wenn“-Verknüpfung mit dem nachfolgenden „Schutz und Trutze“ nicht entgegen. Denn das Trutz-Motiv sollte im Kern zum Ausdruck bringen, dass Deutschland keinen äußeren Feind zu fürchten hat, wenn es die kleinstaatliche Zersplitterung überwindet und als geeintes Deutschland „brüderlich zusammenhält“.

Das „Schutz und Trutze“ war insofern durchaus wehrhaft, aber eindeutig defensiv gemeint. Es war eine Reaktion auf die um 1840 in Frankreich aufkommende revanchistische Bewegung für eine Rückeroberung des Rheins als Ostgrenze Frankreichs und damit für eine militärische Annexion der gesamten linksrheinischen deutschen Gebiete, also einschl. der Städte Krefeld, Neuss, Aachen, Köln, Bonn, Koblenz, Mainz und Trier. Im Vergleich zu anderen patriotischen Liedern, die in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf diese „Rheinkrise“ entstanden sind, wie etwa der 1840 von Max Schneckenburger verfassten „Wacht am Rhein“, ist das Hoffmann´sche Deutschlandlied in sprachlicher Hinsicht ausgesprochen defensiv.

Mit dem Ausruf „Deutschland, Deutschland, über alles“ knüpft Hoffmann auch an das bis dahin im Deutschen Bund populärste patriotische Lied an, nämlich das Anfang 1813 im Zuge der Befreiungskriege gegen Napoleon von Ernst Moritz Arndt verfasste „Was ist des Deutschen Vaterland?“. Dort werden als mögliche Antworten auf die einleitende Frage u.a. Preußenland, Schwabenland, Bayernland, Pommernland und Westfalenland angeboten, bis der Autor schließlich in den beiden letzten Strophen die mehrfach wiederholte definitive Antwort gibt: „Das ganze Deutschland soll es sein!“ Mit dem Deutschlandausruf stellt Hoffmann das „ganze Deutschland“ im Arndt´schen Sinne „über alles“, also über die einzelnen Staaten des Deutschen Bundes, egal ob es sich um Preußen, Österreich, Bayern, Hannover oder Württemberg handelt.

Eine über die Betonung defensiver Stärke hinausgehende Überlegenheit über andere Staaten zu postulieren, war dagegen vom Autor niemals intendiert und ist (neben dem sprachlichen) auch vom historischen Kontext her niemals so zu interpretieren. Denn das Deutschlandlied ist ja entstanden, als es –  im Gegensatz zu starken europäischen Nationalstaaten wie Spanien, England oder Frankreich –  ein „Deutschland“ als Nationalstaat noch überhaupt nicht gegeben hat. Die Unterstellung eines angeblich von Hoffmann formulierten aggressiven Überlegenheits- oder Beherrschungsanspruchs dieses noch nicht einmal existierenden Deutschlands geht daher vollkommen in die Irre.

Historische Geste: Der französische Staatspräsident Francois Mitterrand (l) und Bundeskanzler Helmut Kohl reichen sich am 22.9.1984 auf dem französischen Nationalfriedhof Douamont die Hand.

Nationalhymne seit 1922

Das „Deutschlandlied“ und insbesondere der einleitende patriotische Ausruf haben mit ihrer identitätsstiftenden Wirkung ohne Zweifel erheblich dazu beigetragen, dass aus der einstmals kühnen Vision von Einigkeit und Recht und Freiheit auf deutschem Boden tatsächlich Realität geworden ist. In Anerkennung dieser eindrucksvollen Wirkungsgeschichte hat der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert am 11. August 1922 und damit am „Verfassungstag“ als dem Nationalfeiertag der Weimarer Republik in einer von der Tagespresse verbreiteten „Kundgebung“ das Deutschlandlied mit allen drei Strophen als Nationalhymne empfohlen.

Dies war insbesondere eine Reaktion auf die Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau durch die rechtsextreme „Organisation Consul“ am 24. Juni 1922. Mit der Erhebung des Deutschlandlieds zur Nationalhymne sollten auch diejenigen Teile der Bevölkerung eingebunden werden, die der jungen Republik bis dahin skeptisch gegenüberstanden.

Und es ist unbestritten, dass hierbei auch die gezielte Anknüpfung an den seinerzeit wirkmächtigen „Mythos von Langemarck“ eine Rolle gespielt hat. Danach sollen am 10. November 1914 im Rahmen der Ersten Flandernschlacht junge Soldaten des XXIII. Reservekorps unter Absingen von „Deutschland, Deutschland, über alles“ bei hohen eigenen Verlusten französische Stellungen genommen haben. Doch diese von Friedrich Ebert kalkulierte Anbiederung an den Zeitgeist schmälert nicht die Wirkung des Deutschlandlieds als des identitätsstiftenden Symbols eines geeinten deutschen Vaterlands.

Ja, in den nunmehr bald 180 Jahren dieser Wirkungsgeschichte wurde die erste Strophe des Deutschlandlieds nach der Weimarer Republik auch in den 12 Jahren nationalsozialistischer Diktatur als Nationalhymne verwendet. Aber anders als die gezielte Denunziation dieser ersten Strophe als „Nazi-Hymne“ glauben machen will, haben eben gerade nicht die Nationalsozialisten diese erste Strophe als Nationalhymne eingeführt. Sie haben vielmehr dieses damals bereits seit mehr als 90 Jahren wirkmächtige patriotische Liedsymbol eben nicht abgeschafft, sondern aus der Weimarer Republik als Nationalhymne übernommen. Wenn daher noch über 70 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur gegen alle Fakten eine derart gezielte Denunziation erfolgt, ist dies nur mit dem in Kreisen des rot-grünen Mainstreams unverändert virulenten Hass auf alle Symbole eines deutschen Patriotismus zu erklären.

Denn die 12 Jahre der Verwendung auch im Nazi-Deutschland haben nicht das Vermächtnis zerstören können, das Hoffmann uns mit dem Deutschlandlied hinterlassen hat. Reichspräsident Friedrich Ebert hat diesem Vermächtnis vor bald 100 Jahren in seiner „Kundgebung“ vom 11. August 1922 in unübertrefflicher Weise sprachlichen Ausdruck verliehen:

„Sein Lied, gesungen gegen Zwietracht und Willkür, soll nicht Missbrauch finden im Parteikampf, es soll nicht der Kampfgesang derer werden, gegen die es gerichtet war; es soll auch nicht dienen als Ausdruck nationalistischer Überhebung. Aber so, wie einst der Dichter, so lieben wir heute ‚Deutschland über alles‘. In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarz-rot-goldenen Fahnen der Sang von Einigkeit und Recht und Freiheit der festliche Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein.“

Man muss diesen Hintergrund kennen, um ermessen zu können, wie unglaublich beschämend das eingangs beschriebene Verhalten deutscher Tennisspielerinnen 95 Jahre später anmutet. Für einen Vertreter des deutschen Sports ist es einfach nur würdelos, gegen die von einem ausländischen Gastgeber in bester Absicht vorgetragene erste Strophe des Deutschlandlieds anzubrüllen und diese Begebenheit danach als das Schlimmste zu bezeichnen, was man je erlebt habe.

Man mag den „Mythos von Langemarck“ aus heutiger Sicht nicht mehr ernst nehmen; aber allein die Vorstellung, dass deutsche Soldaten im Teenager-Alter in einem seinerzeit von fast allen Deutschen gewollten Krieg für Deutschland gefallen sind mit dem Deutschland-Ausruf auf den Lippen, der dann 100 Jahre später von deutschen Tennis-Millionärinnen in einem offiziellen Rahmen verächtlich gemacht wird, ist schier unerträglich. Diese Angehörigen einer chancenlosen Generation, die zu Hunderttausenden im Alter von 18 und 19 Jahren unter elenden Bedingungen buchstäblich verreckt sind, haben es nicht verdient, dass sich die Profiteure eines letztlich aus den Erfahrungen dieses gigantischen Opfergangs erwachsenen gesell­schaftlichen Reichtums in derartiger Weise über sie erheben.

Und es stellt selbst in der Geschichte der Bundesrepublik einen Kulturbruch dar. Denn dass auch nach dem 2. Weltkrieg die erste Strophe des Deutschlandlieds noch für ergreifende sporthistorische Momente gesorgt hat, beweisen die Aufnahmen von der Siegerehrung für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft beim Gewinn der Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954. Tausende deutscher Fans stimmten im Berner Wankdorfstadion beim Abspielen der Nationalhymne die erste Strophe des Deutschlandlieds an, weil der Text der dritten Strophe vielen Deutschen noch nicht oder nicht mehr geläufig war. Doch dies war auch „politisch“ völlig korrekt, da damals auch die erste Strophe Teil der Nationalhymne war und der Text der dritten Strophe nur für „staatliche Anlässe“ vorgeschrieben wurde, was die Siegerehrung für ein Fußballteam eindeutig nicht ist.

Reichspräsident Ebert hat in seiner „Kundgebung“ vom 11. August 1922  klargestellt: Der Deutschlandausruf wurde vom Autor ebenso wie von den nachfolgenden Generationen vernünftiger Weise stets nur in einer einzigen Weise verstanden, nämlich als patriotische „Liebeserklärung“ an das deutsche Vaterland. Um dieses eindeutige Vermächtnis hervorzuheben, sollte es ermöglicht werden, dies auch im Liedtext selbst zum Ausdruck zu bringen.

Daher sollten in der ersten Zeile der ersten Strophe ebenso wie in der ersten Wiederholung am Ende dieser Strophe anstelle des zweiten „Deutschland“ die Worte „lieb ich“ gesungen werden: „Deutschland lieb ich über alles, über alles in der Welt!“ Auf diese Weise würde nur noch bei der zweiten Wiederholung am Strophenende, also sozusagen nach zwei „erläuternden“ Vorbereitungen, der ursprüngliche Text gesungen: „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!“

Recht und Freiheit statt Schutz und Trutze

„Wenn es stets zum Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält“: Auch wenn Hoffmann mit dem „Schutz und Trutze“ als Ausdruck wehrhaften Widerstands gegen feindliche territoriale Ambitionen sprachlich und historisch rein defensive Intentionen verbunden hatte, kann aus heutiger Sicht die Akzeptanz der ersten Strophe erheblich gesteigert werden, wenn diese in einem geeinten Europa vielleicht missverständlich wirkende Passage durch „Recht und Freiheit“ ersetzt wird. Denn damit bereitet die zweite Zeile der ersten Strophe gemeinsam mit dem „brüderlichen Zusammenhalt“ nunmehr die Kernbotschaft der dritten Strophe vor: Einigkeit und Recht und Freiheit.

Ferner wird ein mögliches Missverständnis des „über alles“-Ausrufs definitiv ausgeschlossen. Denn dass das patriotische Eintreten für und der Stolz über einen freiheitlichen deutschen Rechtsstaat eine Dominanz über andere Nationen insinuieren soll, können nur abwegige Geister annehmen. Und dieser Stolz ist ja durchaus berechtigt: denn dass sich Deutschland zu einem der weltweit fortschrittlichsten, freiheitlichsten und sozialsten Rechtsstaaten entwickeln würde, war aufgrund der geschichtlichen Bürden alles andere als selbstverständlich.

Natürlich bleiben Zweifel, ob ein derart weitreichender Werkeingriff tatsächlich im Sinne Hoffmanns wäre. Denn die erste Strophe ist ja ohnehin untrennbar verknüpft mit der in der dritten Strophe formulierten patriotischen Zukunftsvision: ein einiges, freiheitliches und rechtsstaatliches Deutschland ging auch dem Autor „über alles in der Welt“.

Doch der neu formulierte „brüderliche Zusammenhalt“ für Recht und Freiheit bedeutet ja keineswegs eine Aufgabe der Wehrhaftigkeit gegen Angriffe auf das diese elementaren Rechte garantierende Deutschland, egal ob solche Angriffe von innen oder von außen kommen. Daher ist die Neuformulierung umfassender als die von Hoffmann im Angesicht der „Rheinkrise“ herausgestellte „Trutz-Bereitschaft“; denn sie macht den hohen ideellen Grund für die Verteidigungswürdigkeit dieses Deutschlands deutlich, ohne an dessen Verteidigungsbereitschaft durch „brüderlichen Zusammenhalt“ Zweifel zu lassen.

Bereits um die patriotische Würde des Deutschland-Ausrufs wiederherzustellen, ist es daher wichtig, ihn endlich wieder – vom historisch belasteten Trutz-Ballast befreit – mit überzeugter Sympathie für ein freiheitliches, rechtsstaatliches und einiges Deutschland singen zu können. Auch diese Modifizierung trägt dazu bei, dass die von Reichspräsident Ebert 1922 formulierte „Liebeserklärung“ fortbestehen kann: „So, wie einst der Dichter, so lieben wir heute ‚Deutschland über alles‘.“

Die geographische Bürde

Einem solchen unbefangenen Singen steht allerdings spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein weiteres, entscheidendes Konfliktpotenzial der ersten Strophe entgegen, das sich aus der Aufführung von vier Wasserstraßen ergibt, welche die Außengrenzen der um 1840 zum Deutschen Bund zählenden Territorien markieren sollen, heute aber aufgrund der kriegsbedingten territorialen Verschiebungen allesamt außerhalb der deutschen Grenzen liegen: „von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“.

Wäre die erste Strophe mit diesen vier geographischen Namen heute Teil der Nationalhymne, so könnte dies von den insgesamt sechs betroffenen Staaten (neben Russland die 5 EU-Mitglieder Dänemark, Niederlande, Italien, Polen und Litauen) durchaus als Gebietsanspruch gedeutet werden und somit für Irritationen sorgen.

  • Die Maas als der längste Nebenfluss des Rheins, floss damals durch das seit 1839 trotz niederländischer Verwaltung zum Deutschen Bund gehörende Herzogtum Limburg, fließt aber heute durchgehend außerhalb der deutschen Staatsgrenzen, wenn auch teilweise in weniger als 2 km Entfernung.
  • Die in die Ostsee fließende Memel, damals nahe der seit 1422 stabilen Nordgrenze der dem Deutschen Zollverein zugehörigen Provinz Ostpreußen bildet heute die Grenze zwischen Litauen und dem zu Russland gehörenden Kaliningrader Gebiet.
  • Die Etsch fließt auch heute noch durch deutschen Sprachraum in die Adria, allerdings durch Südtirol, das heute nicht mehr zum Kaisertum Österreich gehört, sondern seit der Annexion von 1920 zu Italien.
  • An den von Hoffmann gemeinten Kleinen Belt, die Meerenge zwischen Jütland und der Insel Fünen, grenzte auf der Festlandsseite seit 1460 das Herzogtum Schleswig, das sprachliches Mischgebiet war, aber nicht zum Deutschen Bund gehörte; nach zwischenzeitlicher Zugehörigkeit Schleswigs zu Preußen ab dem Jahre 1866 gehört das an den Kleinen Belt grenzende Nordschleswig nach der Volksabstimmung von 1920 zu Dänemark.

Will man alle vier durch territoriale Verschiebungen für ein modernisiertes Deutschlandlied unbrauchbaren Wasserstraßen durch grenzbildende bzw. grenznahe Wasserstraßen der Bundesrepublik Deutschland ersetzen, so drängen sich zur Abgrenzung der West-Ost-Ausdehnung die Mosel und die Oder geradezu auf. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Ermittlung einer maximalen geographischen Breite, sondern auch für die Ablösung der äußerst gelungenen Maas-Memel-Alliteration durch die kaum weniger eingängige Klangfigur der Mosel-Oder-Assonanz.

Die von Hoffmann verwendete Etsch-Belt-Klangfigur kann sodann durch eine vergleichbare Assonanz ersetzt werden, wobei der Austausch der Etsch durch den landschaftlich nicht minder eindrucksvollen, wenn auch überwiegend in Süd-Nord-Richtung verlaufenden Lech sich sprachlich noch eher unkompliziert gestaltet. Will man aber am „Belt“ als idealem Reimwort zur „Welt“ festhalten, so verlangt dies zur Vermeidung politischer Unkorrektheiten nach der Wahl des dreisilbigen „Fehmarnbelts“, also der so bezeichneten Wasserstraße zwischen der deutschen Ostseeinsel Fehmarn und dem dänischen Lolland.

Dass auch in einem modernisierten Deutschlandlied an der Aufzählung grenznaher Wasserstraßen festgehalten werden sollte, entspringt keinesfalls einem unsinnigen oder gar einem nationalistisch verzerrten Romantizismus. Zum einen greift Hoffmann bewusst ein bedeutendes mittelalterliches Vorbild auf. Denn bereits Walther von der Vogelweide hatte um das Jahr 1198 eine flussbezogene Definition deutschen Siedlungsgebiets thematisiert, als er in der 4. Strophe der strophischen Dichtung „Ir sult sprechen willekomen“ reimte:

„Von der Elbe bis an den Rhein
und wieder bis ans Ungarnland
mögen wohl die besten sein,
die ich in der Welt hab erkannt.“

Und die geographische Eigentümlichkeit, die bereits zu Walther´s Zeiten galt, hat Deutschland über die Jahrhunderte hinweg immer begleitet: als Land in der Mitte Europas und weitgehend ohne natürliche Grenzen hat es seine territoriale Identität stets exakt definieren müssen. Anders als die anderen großen Länder Europas – also insbesondere Großbritannien, Spanien, Italien und auch Frankreich – war eine solche Definition der Grenzen essenziell für die jeweilige deutsche Staatlichkeit. Die erste Strophe des Deutschlandlieds verleiht diesem konstitutiven Element deutscher Geschichte einen großartigen künstlerischen Ausdruck.

Doch die geographische Eingrenzung Deutschlands anhand bekannter Wasserstraßen erfüllte und erfüllt in einer nationalen Hymne durchaus auch eine wichtige integrative Aufgabe. Denn egal ob in der Mitte des 19. Jahrhunderts oder nach dem 1. Weltkrieg oder nach der Wiedervereinigung 1990: die Benennung von Landmarken in einer deutschen Nationalhymne diente und dient auch dem Aspekt der Einheit eines historisch über Jahrhunderte territorial zergliederten Gebildes und damit der Identifizierung unterschiedlicher Regionen mit einem geeinten Deutschland.

Dieser Aspekt gewinnt gerade in dieser Zeit wieder an besonderer Aktualität, wo z.B. Schottland und Katalonien nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von ihren jeweiligen Königreichen streben. Auch den heutigen Bayern sei deswegen gesagt: ähnlich wie schon vor 800 Jahren zwischen Rhein und Ungarnland und 1841 zwischen Maas und Memel darf sich der Freistaat Bayern heute zwischen Lech und Fehmarnbelt als integraler Teil Deutschlands fühlen!

Schließlich werden mit der modernisierten Fassung des Deutschlandlieds die aus zwei Weltkriegen resultierenden massiven deutschen Gebietsverluste jenseits völkerrechtlicher Vereinbarungen auch in einem nationalen Kultursymbol höchster Bedeutung definitiv anerkannt. Damit erhält auch und gerade die modernisierte erste Strophe des Deutschlandlieds einen explizit gegen Revanchismus und Revisionismus gerichteten Charakter.

Modernisierung statt Verleugnung

Man mag gegen eine Modernisierung des Deutschlandliedes einwenden, dass bereits zum Zeitpunkt seiner Erhebung zur Nationalhymne durch Reichspräsident Ebert im Jahre 1922 drei der vier genannten Wasserstraßen, nämlich Maas, Etsch und (Kleiner) Belt, nicht mehr deutsches Territorium berührten. Wenn also ein demokratischer deutscher Staat in Gestalt eines sozialdemokratischen Reichspräsidenten diesen Text in seiner historischen Urform zur Nationalhymne erklärt hat, warum soll ein ebenfalls demokratischer Nachfolgestaat sich davon distanzieren, wo doch andere Nationen sich auch nicht um historisch gewachsene Unkorrektheiten ihrer Hymnen kümmern?

So denken bekanntlich bedeutende Nationen wie Frankreich, Italien, Polen und die USA nicht im Traum daran, ihre teils kriegslüsternen und blutrünstigen Nationalhymnen zu entschärfen. In der französischen Marseillaise sollen seit über 220 Jahren die Bataillone marschieren, „damit unreines Blut unsere Ackerfurchen tränke.“ Im amerikanischen „Star-Sprangled Banner“ werden seit über 200 Jahren das rote Leuchten der Raketen und die in der Luft zerberstenden Bomben gefeiert. Und in der polnischen Nationalhymne, dem Dombrowski-Marsch, heißt es seit über 200 Jahren in der ersten Strophe: „Was uns fremde Übermacht nahm, werden wir uns mit dem Säbel zurückholen.“ Wehe, wenn dies jemals als interessante Ergänzung für eine deutsche Nationalhymne vorgeschlagen würde!

In der italienischen Mameli-Hymne wiederum singt man seit über 170 Jahren „Wir sind bereit zum Tod, Italien hat gerufen!“, was im heutigen Italien eher mit den Auswirkungen der Finanzkrise und des politischen Chaos assoziiert werden dürfte. Im niederländischen „Het Wilhelmus“ schließlich geht es weniger blutrünstig zu; dafür singt man dort seit bald 450 Jahren ungerührt die Ergebenheitsformel Wilhelms von Nassau-Dillenburg, besser bekannt als Wilhelm I. von Oranien: „Den König von Spanien hab ich allzeit geehrt!“

Wenn also andere Nationen für sich in Anspruch nehmen, den zum Zeitpunkt der Entstehung ihrer Hymne politisch akzeptierten und sogar wichtigen Text trotz erheblicher geschichtlicher Veränderungen beizubehalten, warum soll dann Deutschland einen im Jahr 1841 wichtigen und richtigen Text, der viel zur deutschen Einigung beigetragen hat, nicht im Sinne eines verdienstvollen historischen Texts als Nationalhymne würdigen können?

Dem kann entgegengehalten werden, dass – im Unterschied zu den oft eher allgemein gehaltenen politischen Unkorrektheiten anderer Nationalhymnen – die im Lauf der Geschichte entstandenen Probleme des Deutschlandlieds geographischer Natur sind. Aufgrund der gewachsenen Empfindlichkeit für historisch-politische Unkorrektheiten berühren sie damit im heutigen deutschen Verständnis das Verhältnis zu Nachbarstaaten viel zu konkret, um vor dem Hintergrund deutscher Aggressionskriege im 20. Jahrhundert darüber hinwegsehen zu können.

Gleichwohl gilt: so falsch die nationalistische Überhöhung des Deutschlandlieds in der Nazi-Diktatur war, so falsch ist das Ausmaß des heutigen Deutschlandlied-Bashings. Die Bezeichnungen „Deutschlandlied“ und „Lied der Deutschen“ erfahren ihre inhaltliche Rechtfertigung nur durch die Abfolge der drei aufeinander aufbauenden Strophen. Ein auf die dritte Strophe beschränktes „Deutschlandlied“ verdient diesen Namen nicht. Es ist daher ein überragendes Anliegen, das Deutschlandlied wieder in seiner Gänze singen zu können. Es versteht sich von selbst, dass dabei die textlichen Eingriffe so gering wie möglich ausfallen und sich an der Vorgabe ausrichten sollten, wie der Autor wohl heute formuliert hätte. Und es darf als sicher angenommen werden, dass Hoffmann heute Maas und Memel nicht mehr zum Gegenstand seiner territorialen Zuordnung gemacht hätte.

Ein gelungenes Beispiel für die Textänderung einer Nationalhymne stellt übrigens die im Jahre 2000 entstandene Hymne der Russischen Föderation dar. Als Melodie fungiert dabei weiterhin die geniale Komposition von Alexander Alexandrow, die seit 1938 “Hymne der Partei der Bolschewiki“ und – mit leichten Änderungen – ab 1944 Hymne der Sowjetunion war. Für die textliche Neufassung der wiederum dreistrophigen Hymne stand noch derselbe Sergej Michalkow zur Verfügung, der bereits 1943 die Hymne der Sowjetunion und dann 1977 deren entstalinisierte Version verfasst hatte. Auch bei dieser Modernisierung war das Ziel, eine herausragende und für die russische Nation identitätsstiftende Melodie beizubehalten und den Text von historischem Ballast zu befreien. Wobei dies bei der Umgestaltung der sowjetischen zur russischen Hymne ungleich größerer Eingriffe bedurfte als bei der textlichen Anpassung der genialen Verszeilen eines liberal gesinnten deutschen Patrioten aus dem Jahr 1841.

Die zweite Strophe

 „Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang“: Die zweite Strophe des Deutschlandlieds ist im Unterschied zur ersten weniger mit fundamentalen Vorbehalten belastet. Der Verstoß gegen die „Political Correctness“ spielt sich eher ab auf der Ebene der Emanzipation und des guten Geschmacks: „Deutsche Frauen, deutsche Treue“ kann man im Kontext einer Nationalhymne heute nicht mehr ohne inneren Widerstand singen, es sei denn, man hat diesen Widerstand – dem ursprünglichen Charakter als Trinklied entsprechend – bereits im Alkohol ertränkt.

Mit der Ergänzung durch „Wein“ und „Sang“ ist die sexistische Drillingsformel von „Wein, Weib und Gesang“ als den männlichen Vergnügungspräferenzen (nicht nur) des 19. Jahrhunderts ganz einfach zu nahestehend, als dass ein emanzipiertes 21. Jahrhundert darüber hinwegsehen könnte. Da hilft auch die Kenntnis der Ausgangsmotivation des Autors nicht weiter, nämlich dass er das Deutschlandlied seiner unerfüllten Jugendliebe Henriette von Schwachenberg gewidmet hat.

Will man hier aus heutiger Befindlichkeit heraus korrigieren, so sind verschiedene Varianten denkbar. Zwar hat ein Ersatz von „Frauen“ und „Treue“ durch „Dichter“ und „Denker“ auch nicht das Zeug, diese Strophe in die Hitparaden zu katapultieren, könnte aber am Ehesten dem Gebot eines möglichst geringen und gleichzeitig „werktreuen“ Modernisierungs-Eingriffs gerecht werden. Dabei sind die „Dichter und Denker“ selbstverständlich geschlechtsneutral zu verstehen und umfassen sowohl die großen Frauen als auch die großen Männer der deutschen Geistes- und Kulturgeschichte.

Und den „deutschen Wein“ sollte man bei dieser Gelegenheit – trotz oder gerade wegen der Wertschätzung für die hervorragenden deutschen Winzer – im weiteren Sinne der „deutschen Kunst“ zuordnen. „Kunst“ ist hier ohnehin im weitesten Sinne zu verstehen und soll neben den „Schönen Künsten“ wie Musik, Literatur und Malerei auch die „Freien Künste“ der Wissenschaft und die „Praktischen Künste“ wie Handwerk und Technik umfassen. Und der lyrisch verdichtete Begriff einer „deutschen Kunst“ soll keineswegs eine spezifisch deutsche Kunst implizieren. Schon gar nicht geht es um eine irgendwie „völkisch“ verstandene Kunst, da im Gegenteil ausdrücklich diejenige Kunst gemeint ist, die „in der Welt“, also gerade auch im Ausland, „ihren alten schönen Klang“ behalten soll.

Die „deutsche Kunst“ steht hier also umfassend für jegliche große Kunst, die von Deutschen geschaffen wird und geschaffen wurde. Und die Deutschen haben insbesondere der deutschen Erfindungs- und Ingenieurskunst viel zu verdanken; denn sie hat Deutschland wirtschaftlich stark gemacht und den deutschen Sozialstaat in seiner jetzigen umfassenden Ausprägung überhaupt erst ermöglicht.

Natürlich bietet auch der Bezug auf die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts populär gewordene Zwillingsformel von den Deutschen als dem Volk der „Dichter und Denker“ ausreichend Angriffsfläche für die Gegner jeglichen gesunden Patriotismus. Und dennoch werden die 12 Jahre des „Tausendjährigen Reichs“ nicht ausreichen, um aus Deutschland für alle Zeiten ein Land der „Richter und Henker“ zu machen.

Man sollte den Hoffmann´schen Ansatz vielmehr als Geschenk begreifen: Während unsere großen europäischen Nachbarn – von Frankreich über Italien bis Polen – in ihren Nationalhymnen den martialischen Imperativen ihrer Gründungsgeschichte verpflichtet bleiben, eröffnet die zweite Strophe des Deutschlandlieds die Chance, an die deutschen Beiträge zur abendländischen Geistes-, Kultur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte zu erinnern.

Und dort muss sich Deutschland wahrlich nicht verstecken; denn egal ob

  • Bach, Beethoven, Behring, Benz, Brahms und Brecht,
  • Gauß, Gluck, Goethe, Grimm, Gropius und Gutenberg,
  • Händel, Hegel, Heine, Heisenberg, Hildegard und Humboldt,
  • Kant, Kepler, Koch, Klee, Kleist und Kollwitz,
  • Mann, Marc, Marx, Mendelssohn, Merian und Modersohn-Becker,
  • Schiller, Schliemann, Schopenhauer, Schumann, Siemens und Strauss

oder auch D wie Dürer, N wie Nietzsche, O wie Otto, P wie Planck, R wie Röntgen, W wie Wagner und Z wie Zuse:

Ohne die Beiträge deutscher Dichter, Denker, Wissenschaftler und Künstler wäre die Welt um Einiges ärmer; ganz abgesehen von singulären deutschen Lebensereignissen wie Einstein, Luther und Mozart.

Allerdings ist die zweite Strophe des Deutschlandlieds vielleicht auch in der modernisierten Fassung weniger geeignet für öffentliche Anlässe. Sie ist aber gleichwohl im Mittelteil mit dem Aufruf zur „lebenslangen Begeisterung“ für die „edle Tat“ – nunmehr inspiriert von den historischen Leistungen deutscher Philosophen, Künstler, Wissenschaftler und Ingenieure – ein Aufruf zum individuellen Beitrag für das nationale Wohlergehen, ganz im Sinne von John F. Kennedy´s legendärem Appell zur Neujustierung der wechselseitigen Ansprüche von Staat und Individuum: „Don´t ask what your country can do for you, ask what you can do for your country!“

Erste und dritte Strophe als Hymne

Die dritte Strophe ist – aus verschiedenen Gründen – sprachlich unantastbar. Noch hat das Gender-Mainstreaming, das die deutsche Sprache immer mehr verunstaltet und dem Durchschnittsdeutschen ebenso wie dem lernwilligen Fremden eine Teilnahme am vermeintlich „korrekten“ Dialog nahezu unmöglich macht, dem „brüderlichen“ Streben nach Einigkeit und Recht und Freiheit nichts anhaben können. Und das „Unterpfand“ ist ohnehin für alle Zeiten gesetzt, weil es – obwohl inzwischen veraltet – kaum ein besseres Reimwort für das „Vaterland“ gibt. Da ist es eben einfach hinzunehmen, dass man neuen Schülergenerationen immer wieder erläutern muss, dass dieses „Unterpfand“ nur ganz am Rande etwas mit der Flaschenrückgabe im Supermarkt zu tun hat.

Das schamhafte Verschweigen der ersten Strophe des Deutschlandlieds entspricht heute nicht nur einer dauerhaften Missachtung der künstlerischen Brillanz und der visionären Kraft des liberalen deutschen Patrioten Heinrich Hoffmann. Es ist auch Ausdruck einer befremdlichen Geschichtsvergessenheit und entwertet das patriotische Empfinden, das Generationen von Deutschen aus dieser ersten Strophe geschöpft haben. Fast 75 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs ist ein solcher „blinder Fleck“ obsolet und übrigens auch insbesondere den Millionen von Deutschen mit Migrationshintergrund kaum noch verständlich zu machen.

Bei Staatsakten mag auch künftig weiterhin nur die dritte Strophe gesungen werden. Aber bei anderen Gelegenheiten sollte davor auch eine modifizierte erste Strophe gesungen werden können. Mit diesem dem Anlass entsprechenden variablen Singen einer weiteren Strophe halten es viele andere Nationen, in Europa z.B. die Briten und die Niederländer.

Mit dem unbefangenen Anstimmen einer textlich modernisierten ersten Strophe des Deutschlandlieds kann sich unser Land im Rückblick auf fast 75 Jahre als demokratische Kulturnation im Herzen Europas wieder dem unverklemmten Patriotismus der anderen europäischen Nationen annähern.

Bundeskanzler Willy Brandt kniet am 07.12.1970 vor dem Mahnmal im einstigen jüdischen Ghetto in Warschau, das den Helden des Ghetto-Aufstandes vom April 1943 gewidmet ist.

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